Countdown 2024
Tag 4 vor dem Ende von 2024

Ein stiller Rückblick
Heute, am 28.12.2024, sitze ich in meinem Wohnzimmer. Bin zu Hause. Es ist gemütlich.
VorJahresfrist hingegen befand ich mich in meinem Ausweichquartier … Erinnerungen beim Blick in den Rückspiegel.
Obdachlos
… war ich, und es war ein ziemlich elendes Gefühl, ohne Zuhause zu sein. Wie oft ich heulend in der kleinen Dachwohnung saß, die mein Ausweichquartier war, weiß ich nicht mehr.
Aber diese Erfahrung hat mir bewusst gemacht, wie sich Menschen fühlen, denen das Dach überm Kopf abgebrannt ist, das Heim im Hochwasser unter den Füßen weggespült wurde (Ahrtal) oder die auf der Flucht sind vor allerlei Unbill: Dürre, Armut, Aussichtslosigkeit im Heimatland oder, schlimmer noch: Verfolgung und Gewalt.
Ich fühlte mich obdachlos. Ich kam mir vor wie entwurzelt und aus meinem Leben geschmissen.
Mittlerweile verblasst die Erinnerung. Was bleibt, sind die Erfahrungen, die ich mit Menschen und Institutionen machte, und die daraus resultierenden Lektionen. Am Ende finde ich immer das Positive, ganz gleich, wie schlimm und hässlich die Erfahrung war.
Auf hoher See, abwartend
Jaaa, dieses Bild mit der Nussschale, die auf hoher See bei Windstärke mindestens 10 auf den Wellen schaukelt. Die Schale, die keine Paddel und kein Ruder hat und ohne Kompass mal hierhin und mal dahin geschubst wird … Es herrscht allerdings in diesem Moment eher Flaute. Die Meeresoberfläche ist glatt wie ein Spiegel … und, gucken Sie mal da! Sehen Sie das?
Da ist sie, die Nussschale, und sie rührt sich so gut wie gar nicht. Sanft gleitet sie mit der leichten Strömung ein bisschen nach rechts, dann ein wenig vorwärts, etwas links und … ach, herrje! Nun scheint sie sogar näher zu kommen, schwimmt rückwärts.
Genau so fühlt sich meine Situation gerade an. Matrosen glaubten an allerlei böse Geister und Flüche, wenn tagelang der Wind schlief und die Segel schlaff wie frisch gewaschene Laken auf der Leine in den Masten hingen. An Geister, Flüche und so ’n Zeug glaube ich nicht, aber ich vertraue dem Universum. Das will mich zurzeit beharrlich an Ort und Stelle halten, wie es scheint. Es lässt mich weder vorpreschen – was meinem Temperament und meiner Begeisterungsfähigkeit entspräche – noch irgendwohin ausbrechen. So liege ich – vorzugsweise im warmen Sonnenschein – in der Nussschale auf hoher See ohne Wind und … w a r t e …
Immerhin eine Richtung gibt es schon: Kreativ sein
Das betrifft das Schreiben und die Musik. Wenn ich das denke, sage und schreibe, meine ich das Universum zu fühlen. Ich stelle mir einige in Weiß gewandete Herrschaften vor, die beieinander stehen und mich beobachten. Jedes Mal, wenn ich kapiere, was sie mir zeigen, raten, welchen Weg sie mir weisen, lächeln sie und nicken einander verständig zu.
Falls ich … Nein, nicht f a l l s , sondern wenn ich nicht kapiere, mich womöglich störrisch ihrem weisen Rat widersetze, dann verfinstern sich ihre Mienen. Sie schauen keineswegs böse, aber höchst kritisch. Sie tauschen einander aus, nicken und scheinen zu denken: Na schön, lassen wir sie mal machen und gucken, was passiert. Oder wie sie da wieder rauskommt.
Aber jetzt gerade finden sie das mit der Kreativität richtig toll. Der Chef hat vor einigen Tagen sogar eine Party geschmissen für alle Weißgewandeten. Da war vielleicht was los, sag ich Ihnen. Jetzt möchten sie schleunigst Ergebnisse sehen! Pronto, sozusagen!
Dass mir die Mittel fürs schnelle Umsetzen besonders im Bereich Musik noch fehlen, kümmert die allerdings wenig. Mit Geld haben die Himmelsgenossen überhaupt gar nichts am Hut. Aber ich habe die Mittel trotzdem im Universum bestellt. Nun sind sie gefordert, die entsprechenden Umstände herbeizuführen.
Im Gegenzug verlangen sie, dass ich mit dem Schreiben endlich Kohle mache. Schreiben kostet ja nix außer Kreativität und Fleiß, war die Anweisung nach meiner Mittelanforderung für ein italienisches Akkordeon. Tja, da bin ich nun in der Pflicht.
Chaos, das nicht enden will
Im Rückspiegel sehe ich, wie ich wieder einzog in meine Wohnung, wo es mittlerweile zwar gemütlicher ist, aber bei weitem nicht alles in Ordnung. Nach dem Desaster in der Wohnung ist ja nun der Keller feucht. Das Chaos ist zurückgekehrt nach Ausräumen von allerlei Dingsbums aus dem schimmelverseuchten Kellerraum in meine Wohnung. Der Anblick glich dem nach dem Rohrbruch. Ich konnte es schlussendlich nur beseitigen, indem ich vieles aussortierte und entsorgte. Leider auch neue Bücher, die der Feuchtigkeit zum Opfer gefallen waren, und zwar im Wert von beinahe 3000 €.
Die Ursache für die Kellerfeuchte wurde zwar bereits im September gefunden, analysiert und ein Plan für die Beseitigung erstellt, aber glauben Sie ja nicht, dass hier schon irgendwas passiert wäre. – So lagere ich, was nicht in der Wohnung liegen kann (Reifen, Fahrrad, Rasenmäher …) im Fahrradkeller, wo ich inzwischen den halben Raum für mich beanspruchen muss. Noch hat niemand gemeckert.
Lektionen
Die gab es reichlich bedingt durch den Wasserschaden. Ich lernte Menschen (noch besser) kennen, Institutionen und die Auswirkungen ihrer AGB (Versicherungen) sowie den Wert mancher persönlichen Verbindung. Ich machte unerfreuliche und stressverursachende Erfahrungen mit ein paar meiner Auftraggeber, rannte sprichwörtlich vor Wände aus Desinteresse, Ignoranz und Dummheit versteckt hinter Schein-Kompetenz und (vermutlich) KI bei einem Dienstleister der Branche. Wer intellektuell minderbemittelt ist, bedient sich in seiner dadurch bedingten Dummheit der Boshaftigkeit und Gemeinheit. – Ich habe kurz überlegt, ob ich diesen Satz so stehen lasse. Aber nur ganz kurz! Und ja! Der Satz bleibt stehen!! – Auch diese menschliche Seite musste ich schmerzhaft kennenlernen, konnte mich nicht dagegen wehren. Nicht mal mit Unterstützung durch einen Rechtsanwalt und/oder die deutsche Rechtsprechung.
Das Trauerspiel und der irrsinnige Stress brachten mich ins Krankenhaus. Ich kann heute von Glück sagen, dass ich die Sache überlebt habe, rechtzeitig einen Arzt aufsuchte und in der Klinik auf zumindest medizinische Kompetenz traf. Danke!!
In allem habe ich Erfahrungen gesammelt, die ich als bereichernd einstufe, und meine Lektionen gelernt. Das alles wird mich in und durch die Zukunft tragen.
Positivbilanz
Natürlich gibt es neben all dem Unerfreulichen und Dunklen auch das Gegenteil. Das Eine kann ja nicht ohne das Andere in unserer Welt der Dualität. Es gab die hilfsbereiten Menschen, die nicht lange fackelten und mir zur Seite standen, handelten, zuhörten und mich motivierten. Es gab die Autoren bzw. Aufträge, die mich trotz des massiven Einbruchs meines Geschäfts durch das Jahr trugen. Es gab eine ganze Reihe wichtiger positiver Ereignisse, die mich über alle Hürden und Probleme hinweg getragen, ja regelrecht gerettet haben. Dafür bin ich außerordentlich dankbar.
Es ist immer wieder schön zu erleben, wie schnell all das Hässliche, Schwierige und Belastende verblasst, sobald man bewusst und dankbar auf das Gute, das Positive und Lichte schaut. Unterm Strich kann ich deshalb sagen: Die Positivbilanz schaut sehr gut aus.
Versöhnung mit 2024
Schon jetzt kann ich das aus Überzeugung feststellen: Danke 2024. Ich bin versöhnt mit allem, was du mir um die Ohren gehauen und geschenkt hast. DANKE.
Ich sollte deshalb auch nicht so lange in den Rückspiegel schauen. Vorne spielt schließlich die Musik. Und so richte ich meinen Blick und meine Gedanken auf das Morgen, die nächsten Wochen und Monate. Da sieht es schon richtig gut aus …
Mit Freude genieße ich die noch verbleibenden 3 Tage dieses Jahres und wage täglich einen Blick über den imaginären Zaun, der das neue Jahr vom alten trennt … gucken Sie mit mir und bleiben Sie dran.
Zuversichtlich wünsche ich einen schönen Sonntag
AF
Foto von Renate Köppel www.pixabay.com