Nach Ratlosigkeit kommt …

AF • 17. Oktober 2024

Verzweiflung?



Zumindest resultiert aus der Ratlosigkeit irgendwann tiefe Nachdenklichkeit.

Ok, das Jahr 2024 hat es in sich; und mein Dilemma begann ja schon im November 2023 mit dem Rohrbruch und seinen hässlichen Folgen! Inzwischen fühle ich mich nicht mehr einsam mit dieser Feststellung. Ich weiß, es fühlt sich für viele Menschen, mit denen ich zu tun habe, ebenso an. Jeder von ihnen hat seine eigenen kleinen Katastrophen. Das macht es schon mal etwas weniger schwierig, die Situation zu ertragen.

Jetzt ist die Zeit, tiefer darüber nachzudenken, wie es denn nun werden soll …


30.9.

Gestatten Sie mir zu dieser kleinen Überschrift, ein bisschen auszuholen: Vor etwas über zwanzig Jahren träumte ich die Zahlenkombination eines Datums, allerdings ohne Jahreszahl. 30.9. sah ich in diesem Traum und dachte in der Folgezeit häufig darüber nach, was das nun bedeuten könnte. Eine Antwort fand ich nicht. Deshalb hörte ich auf, darüber nachzudenken.

Manchmal träume ich nämlich nur etwas, das ich als Seelenmüll bezeichne. Das sind Themen und Bilder, die das Unterbewusstsein nachts einfach abarbeitet, um den geistigen Speicher sauber zu halten.

Dennoch kehrte die Erinnerung an den 30.9. von Zeit zu Zeit wieder, vorzugsweise wenn der September nahte. Diesmal kam sie genau am Stichtag. Und da fragte ich mich natürlich, ob dieser Tag irgendetwas Außergewöhnliches bringen würde? Womöglich ein Wunder? (Ich könnte nämlich eines brauchen.) Da war es kurz vor 11 Uhr. Der Tag hatte also noch viel Zeit, sich außergewöhnlich oder mit einem Wunder zu zeigen. Mal sehen, ob da was passierte …


Wenn die Zuversicht baden geht

Die Nacht davor war gut und mit Tiefschlaf gesegnet. Jedenfalls bis 4:45 Uhr. Danach erlaubte ich einigen Gedanken, sich in meinem Hirn zu tummeln. Damit war an Schlaf nicht mehr zu denken, weil die Gedanken leider mit dem Gift von Zweifel und Selbstzweifel getränkt waren, was ich nicht sofort bemerkte.

Sie kennen das bestimmt: Gerade waren Sie noch zufrieden und zuversichtlich mit etwas, das Sie gefühlt gut abgeschlossen hatten, aber plötzlich kippt die Stimmung. Und so ging es mir.

Fragen über Fragen eierten mir durch den Kopf:

Ist das, was ich da abgeliefert habe, wirklich gut genug? Ist es spannend genug?

Habe ich die Protagonisten gut gezeichnet? Oder habe ich womöglich übertrieben?

Ist das, was ich geschrieben habe, auch in sich logisch? Stimmt das Tempo? Die Atmosphäre?

Unterm Strich: War ich gut genug, dass man das, worum ich mich ernsthaft bemühte, bejahen könnte?

Um meine Zuversicht war es geschehen. Ich hatte das Gefühl, unter meiner Decke immer kleiner zu werden, und den Wunsch, mich sofort in Luft aufzulösen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht, mein Geschreibsel abzugeben? Als ich alles noch einmal Revue passieren ließ, fand ich so viele Baustellen, dass mir ganz schwindelig wurde. Habe ich überhaupt verstanden, worauf es denen, für die ich es geschrieben hatte, ankommt, fragte ich mich ernsthaft. –

Zweifel. Die Gedanken kreisten, dass ich nicht mehr wusste, wo vorne und hinten ist.

Was werden sie für Gesichter machen, wenn Sie erkennen, dass es einfach keinen Zweck hat, mit dem, was ich wie schreibe?

Meine Zuversicht flog davon.


Eigentlich …

kann ich es doch, dachte ich dann aber. Geschichten erzählen, Figuren, Schauplätze, Atmosphäre und Gefühle mit Worten zeichnen, das liegt mir einfach. Warum also will es mir ausgerechnet jetzt, da sich mir eine tolle Chance bietet, dieses Talent und die studierten Fähigkeiten eventuell zu versilbern, nicht gelingen?

An Fantasie mangelt es auch nicht. An Übung vielleicht schon, denn es ist doch etwas anderes, fertige Texte im Auftrag zu lektorieren und zu optimieren, als sich selbst wieder mal was auszudenken und das gut zu Papier zu bringen, sodass andere Menschen es ebenso unterhaltsam wie spannend finden.

Hinzu kommt, dass ich ja einfach nur schreiben muss. Das ganze Drumherum, mit dem ich mich in meinem Beruf herumschlage (was ich leidenschaftlich gerne mache), bleibt mir erspart. Dafür gibt es eben jene Menschen, denen ich jetzt mein Geschreibsel offenbart habe. Mein Verstand weiß das und versucht, die Zweifel und Selbstzweifel zu zerstreuen. Leider mit wenig Erfolg.


Verzweiflung

Wie ich im vorangegangenen Beitrag schilderte, ist es durchaus hilfreich für den Seelenfrieden, sich K.o.-geschlagen zu geben und loszulassen. Aber bevor ich so weit war, geriet ich in echte Verzweiflung.

Habe ich mir womöglich etwas vorgenommen, das mir doch nicht liegt? Ja, wo liegen denn dann meine Stärken in der Schreiberei, wenn nicht in diesem speziellen Genre?

Mir rauschten all die Anforderungen durch den Sinn, die mit dem speziellen Schreiben verbunden sind. Da dachte ich: Hey, ich habe mir alle Mühe gegeben und, wie ich meine, entsprechend geschrieben. Grundsätzlich falsch kann es nicht sein. Optimieren geht ja immer. Und ich gehe nicht davon aus, dass es so stehenbleibt, wie ich es jetzt geschrieben habe. Kritikfähig bin ich auch.

Und dann?

Meine Gedanken machten einen Sprung in die Zukunft: Meine Leseprobe trifft unerwartet auf Zustimmung (Begeisterung fände ich schöner, aber … ich will den Ball mal flach halten) und dann schreibe ich daran weiter. An dieser Stelle kamen meine Gedanken ins Stocken, weil mir plötzlich alle Ideen abhandenkamen, die ich bis gestern noch im Sinn hatte. – Da war die Verzweiflung komplett.


Es anderen rechtmachen?

Aus irgendeiner Kurve meiner zahlreichen Hirnwindungen hopste eine unbequeme Erkenntnis: Vor lauter "alles-bedenken-und-den-Anforderungen-entsprechend-erzählen/schreiben" kam ich überhaupt nicht dazu, locker zu werden, mich in meine Geschichte zu vertiefen, mich mit den Protagonisten emotional zu verbinden, die Atmosphäre zu fühlen etc. etc. etc.

Ich war beim Schreiben nicht bei mir und in der Story, sondern stand daneben, guckte drauf und schilderte das Geschehen emotionslos und kurzgefasst, was zur Folge hat, dass das Ganze viel eher einem Tatsachenbericht als einem Roman ähnelt.

Und die böse Frage "mache ich es wieder nur anderen recht?" kam mir völlig quer. Verflixt und zugenäht!!!


Gedanke um Gedanke und … aufgeben?

Zugegeben, das wäre der leichtere Weg. Einfach das Handtuch werfen und mich wieder auf mich selbst besinnen und auf das, was ich gut kann, wenn niemand mir die Richtung vorgibt und Grenzen mauert. Wenn ich vollkommen individuell, ganz und gar ich selbst sein kann, auch in der Art, wie ich erzähle und schreibe.

Hatte ich nicht schon zu der Zeit, als ich noch für Tageszeitung und Wochenblatt schrieb, Probleme mit derartigen Einschränkungen? Ja. (ganz leise gestanden)

Und jetzt will ich nach konkreten Vorgaben meine eigene Idee ausbraten und muss dabei dies und das und jenes berücksichtigen, damit es den anderen gefällt, damit es in ein Konzept passt, damit es eine Zielgruppe gut unterhält und letztlich profitabel ist?

Ja. (laut geäußert)

Denke ich jedenfalls. Ich weiß, es braucht Übung. Dazu bin ich gern bereit. Ich weiß auch, dass Lektoren höchst kritisch sein können, und bin bereit mich ihnen auszuliefern. Sowieso hat der liebe Gott vor den Lohn den Schweiß gesetzt, heißt: Viel Arbeit für das (wirklich) gute Geld, das ich mit dieser Art des Schreibens verdienen könnte.

Zweifel, schon wieder. Soll ich lieber aufgeben?


Noch nicht so weit

Mir ist schon bewusst, dass ich mir über etwas den Kopf zerbreche, das in diesem Augenblick (zumal an einem 30.9.) Zukunftsmusik ist. Da ich erst am Samstag "geliefert" habe, gibt es heute (Montag), verständlicherweise noch kein Feedback. Ob dieses dann Weltuntergangsstimmung in Moll ist oder heitere Sonnenaufgangsstimmung in Dur, wird sich noch zeigen. Es ist also noch gar nicht so weit, dass ich mir über … doch! Halt!


Grundsätzliche Vorstellungen und die Realität

Am Anfang stand ja die Frage, ob ich mir diese Art des kreativen Schreibens grundsätzlich vorstellen kann. Ich war wild entschlossen, meine Chance zu nutzen, eigene Geschichten zu schreiben und sah in den Anforderungen kein Hindernis. Diese Frage hatte ich also bejaht.

Aber vielleicht liegt zwischen den Vorstellungen und der Realität ein großer Abgrund, und beide Seiten sind mit einer schwebenden klapprigen Holzbrücke verbunden, in der obendrein einige Latten fehlen? So ungefähr fühlt sich das jetzt an.

Mit meiner ersten Leseprobe war ich genau in diese Lücken getreten, von denen es leider ziemlich viele gab. Beim Feedback zupfte jemand an der Saite, die Moll spielte und mich kurz, ganz kurz nur, nachdenken ließ, ob ich aussteigen sollte. Aber, wie so oft in meinem Leben, bin ich auch nicht so leicht zu entmutigen. Deshalb wagte ich die 2. Runde.

Nun kommt mir, noch bevor das Feedback da ist, schon wieder das Gefühl, das Ganze könnte vielleicht doch nicht mein Ding sein.

Es tut richtig weh, wenn ich dem Gedanken Raum gebe. Kapitulieren ist nämlich erst recht nicht mein Ding.

Die Holzbrücke schwankt ganz arg, und der Abgrund unter ihr gähnt mir entgegen.


Was aber soll dann werden?

Eine berechtigte Frage, die ich ans Universum stelle. Ich meine, was denken sich "die da oben oder sonst wo" eigentlich? Die Auftragsliste ist leer, alles abgearbeitet. Kein Geldeingang in Sicht. Meine bisher veröffentlichten Bücher (die ich allesamt gut finde, das mal nebenbei bemerkt) warten auf Leser. Und nun komme ich nicht damit zurecht, mich an konkrete Vorgaben zu halten und an einige Gesetzmäßigkeiten beim Schreiben eines Romans? Etwas, das ich als Kritikerin der Texte anderer problemlos hinkriege?

Ja ja, schon klar, wenn man andere "belehren" und korrigieren kann, ist es immer leichter.

Vielleicht muss ich die Lektorin in mir in die Wüste verbannen???

Na gut, ich würde ihr ein Kamel mitgeben, damit sie beizeiten zurückkehren kann, wenn ein Auftrag für ein Lektorat hereinflattert.

Aber solange ich selbst kreativ schreibe, sollte dieser Teil von mir lieber gemütlich in einer Oase im Zelt faulenzen und sich einen Aperol gönnen!


Das alles beantwortet freilich immer noch nicht die Frage, ob ich weitermachen soll, oder ob ich mich der Verzweiflung kurz hingebe, bevor ich final die Waffen strecke.

Abwarten …


AF



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